Der Weg ist das Ziel. Diese Lebensweisheit wird dem Taoismus zugesprochen und basiert wahrscheinlich auf einem Übersetzungsproblem, denn „Tao“ bedeutet sowohl Weg als auch Ziel. Vielleicht passt es deswegen so gut auf den modernen Straßenverkehr, dessen nonverbale Kommunikation ebenso eindeutig zweideutig ist, dabei aber unmissverständlich das entschiedene Sowohl-als-auch unserer entscheidungsschwachen Ellbogengesellschaft verschwommen seitenverkehrt spiegelt. Verstanden? Nö? Ist irgendwie wie Linksabbieger, die erst blinken – wenn überhaupt -, wenn die Ampel auf Grün springt. Oder Drängler im Stadtverkehr mit der Aussicht auf eine Fahrzeugschlange vom Nordkap bis Timbuktu. Oder die Illusionisten, die sich mit ihrem 5m-Schlitten in den bundesdurchschnittlichen 2m-Sicherheitsabstand auf der Autobahn gleiten lassen. Geht nicht? Geht doch. Im Ergebnis ist das dann genau dieser Stau, Sie wissen schon: Nordkap-Timbuktu. Doch, geht auch auf der Autobahn. Sollten Ihre Halsschlagadern im Déjà-vu auf Oberschenkelgröße schwellen, erinnern Sie sich bitte an eigene Heldentaten, ja?

Gerade neulich wollte ein graumelierter Schmerbauch mit seinem Porsche von der Rechtsabbiegerspur im Gelbgrünspurt noch vor dem Gegenverkehr links über zwei Spuren hinweg zur Tanke. Meine Augenwinkel sind wachsam. Wollte sowieso meinen Kickdown testen, welch Zufall. Die Szene im Rückspiegel erinnerte ich an die Formel 1: Safety-Car-Phase mit Neustart nach Trümmerbeseitigung. Habe ich halt getankt. Zwischen all dem Schrott fällt mein Rückspiegel bestimmt nicht auf.

Ist doch wahr: in der Firma rutscht Mann auf der eigenen Schleimspur aus, zu Hause regiert Weib, Hund und Kind und wenn die Hütte in 37 Jahren abgezahlt sein sollte, wird die Rente gerade noch für ein Rollator-Sharing reichen. Wenn der Arbeitsplatz einer bleibt. Toi, toi, toi. Lieber Katja Saalfrank zu Hause als Peter Zwegert…

Je düsterer die Zeiten, desto rauer die Sitten beim Verkehr. Auch auf der Straße. Und nun wollen sie ausgerechnet in Zeiten einer röchelnden Weltwirtschaft Paintball abschaffen, die einzig sinnvolle Vorbereitung auf das bunte Treiben deutscher Autobahnen. Selbst der ADAC hat resigniert und bringt sinnvoller Weise nur noch vereinzelt redaktionelle Schnipsel zwischen Viagra, Kreuzfahrten und Treppenlifte. Früher hatten die Gelben Engel noch Werkzeug, heute kugelsichere Westen. Was sollen sie auch noch tun? Selbst eine rollende Einkaufstasche hat mehr Elektronik als die Mondlandefähre. Wer seinen Autoschlüssel in eine Pfütze schmeißt, kann gleich mit den Öffentlichen Ersatzschlüssel holen fahren – wenn nicht Geldbörse und Hausschlüssel im Auto liegen…

Da lobe ich mir meinen Benz, 27 Jahre jung, läuft immer, ist erfrischend mechanisch mit Platz unter der Motorhaube für Mechanikerhände, alles ist übersichtlich und ordentlich angeordnet wie das Mise en place in der gehobenen Gastronomie. Bei französischem Einparken fliegen einem keine Knallsäcke um die Ohren und ich entscheide selbst, ob ich bei Nässe auf der Straße zu verbleiben gedenke. Immerhin stottert mich bereits ABS über die Haltelinie ins Rotlichtmilieu der Kreuzungskamera. Und mein Reserverad ist ein Reserverad. Moderne Autos aus dem gleichen Hause müssen zum Wechsel der Leuchtmittel im Frontbereich in die Werkstatt. Smart, nicht?

Es hat was, wenn ein verzweifelter Automobilist versucht, bei Sturzregen mit Körpereinsatz das Velours-Interieur seines Cabrios zu schützen, während das automatische Verdeck mangels Kraftnahrung steil in den sich entleerenden Himmel ragt. Sollte ich mir das Gewicht des Kabelbaums einer modernen S-Klasse abhungern, müssten in Zukunft wohl meine Klamotten ohne mich auskommen. Mehr als 80 Servomotoren. Himmel, wenn da mal Kernelpanik im Elektronikhirn ausbricht auf der Autobahn kurz vor Timbuktu! Tao, Leute, Tao! Aber das ist Taoismus auf der Schleimspur.

Doch, einen automobilen Traum habe ich noch: Volvo Polar 1800ES. Rot.