Rechtzeitig zur Erhöhung der Energiepreise hat uns die Erderwärmung ihre kalte Schulter präsentiert und beschert uns innerstädtisch beampelte Rodelbahnen sowie die Erkenntnis, dass sich die Lager von Gaszählern schon mal heiß laufen können. Wenigstens die. Einzig meine Fische erfreuen sich konstanter Temperaturen. Und wer die Polkappe zieht vor Wetterproblemen, der deponiere sie bitte nicht auf Bääärlins Straßen, die übrigens das natürliche Biotop zu sein scheinen für Mercedes W201, deren Häufigkeit konkurriert mit der von Fahrradrikschas in den Straßen Hanois. Und? Was dazu führt, dass ich in Zukunft mit dem Nummernschild anfange bei der Schneebeseitigung. Winter ist öde.
Und draußen treiben die Flocken ziellos vorbei wie Otto und Ottilie Normalverbraucher am Sinn des Lebens. Unten angekommen ist nichts wie es ist und alles wie es war. Weißes Rauschen.
Öde ist auch die Leichenstarre Kandisbunzler Angelo Merkels, während sich die Koalitionsgegner aus eilends ausgehobenen Schützengräben mit absurden Ideen bewerfen und so dem ungläubig staunenden Wählerinnen und Wählern eine peinliche Posse aus der Provinz bieten, die, wenn man ehrlich ist, vorauszusehen war. Ebenso wie das Hundgewackel von Schwänzchen CSU aus Wildbad Kreuth – wobei sich jeder halbwegs gesunde Mensch doch fragen muss, was eine Bayerische Folkloregruppe im Bundestag zu suchen hat – macht überdeutlich, dass hierzulande viele einen Hammer haben, nirgends aber einer hängt. Auch hier ein deutlicher Klimawandel: eisig ist es geworden in der Republik. Vielleicht könnte die Einführung einer minimaldemokratischen Elitenanarchie wie in Italien etwas mehr Wärme in die Seelen hauchen oder eine Gebetsmühlendiktatur à la Vatikan, eine Militärdiktatur vielleicht – die mit der Bundeswehr recht lustig werden könnte – oder gar eine absolutistische Regenschirmmonarchie mit einer eingemeindeten Prinzessin Caroline von Monaco samt Monegassischem Grundbesitz? Da haben sich nun die Deutschen Wählerinnen und Wähler die Seele aus dem Leib gewählt – der Verstand kann es nicht gewesen sein – und stehen nun vor dem Scherbenhaufen ihres Demokratiemissverständnisses: würde doch wenigstens das Klima wärmer werden.
Und in den Innenstädten färbt sich der Schnee mehr und mehr gelb und auf den Straßen bräunlich-grau und auf den Dächern verweht er und ist am Boden glatt genug für Schlitten, Ski und Kurzurlaube in der Ambulanz und als schalldämpfende Decke für erfrierende Obdachlose, die nicht mehr Obdachlose heißen sondern Nichtsesshafte, seit es Konsens ist, dass ein Staat seinen Bürgern Obdach zu gewähren habe, aber lieber Autobahnen baut als Unterkünfte, Schulen und Kindergärten, denn der Deutsche Schneemann denkt in Blech und stört sich nicht daran, wenn Politiker solches reden, nicht handeln und in der weißen Masse untergehen.
Die letzten Totenlichter auf dem Friedhof schräg unter mir sind von der weißen Pracht vergraben, lediglich die Gastherme faucht Widerstand in klammer Zeit. Lediglich der Glühwein wärmt innerlich. Oder ein Teller Suppe, der Verzicht auf Nachrichten, eine Index-DVD. Schade. Versicherungsordner schwellen an wie die der Energieversorgungslieferanten, der Telefonanbieter und Provider und wir wechseln und sparen ein paar Cent und wechseln hin und her und wissen nie – Moment, ich hole mal schnell den Ordner… -, wer gerade in diesem Moment akut aktuell noch zuständig ist ab und bis für und hoffen, dass es nie zum Ernstfall kommt bei all der Wechselei und sparen gerade wieder ein paar Cent. Wir wechseln unsere Meinung nach dem Zeitungsabo und Twitter und dem Chef und Frau Holle und erinnern uns mühsam, was wir meinen im Gespräch mit dem Gegenüber mit dem gleichen Problem und reden dann doch lieber über Wetter, Schnäppchen, talken small. Nur unser Leben, das ändern wir nicht wegen einer läppischen Klimaverwüstung.
„Schneit’s?“
„Nee, jeschnitten is, jetzt fällt’s!“