Jawollll. Deutschland hat gewählt. Zumindest ein Teil davon: diejenigen, die sich eine Restsensibilität für Demokratie gewahrt haben, quälten sich an – besser wäre in vielen Fällen in – die Urnen und taten kund… hm… jaaaaa – was eigentlich? Studenten, arbeitslos Suchende, Asozialhilfeempfänger, andere Unterprivilegierte und Intellektuelle müssen in erstaunlicher Solidarität die Wahl geschwänzt haben. Anders kann ich mir zumindest die Inthronisierung des – nun ja – „Herren“ Westerwelle nicht einmal in meiner schmutzigsten Fantasie vorstellen: Bankbeamte, Steuerflüchtige, Personalchefs, Chefsekretärinnen, Masochisten und Abteilungsleiter aller Bundesländer vereinigt euch. Gelb. Farbe von Hepatitis A-Z, Schwefel und Eierlikör. Zu das Westerwelle sage ich mal nichts. Ich wohne schließlich in Bääärlin, nicht weit genug entfernt vom Nollendorfplatz. Gelle, Wowereit? Geht doch. Obwohl – der kann wenigstens feiern. Vielleicht wäre Wowi der bessere Kandisbunzler-Kandidat gewesen für sie Sozialdemagogen. Die Fans dieser Partei, der das Volk abhandenkam, blieben lieber bei ihren Gartenzwergen und zogen so der Steinmeierei-Zentrale den Flokati unter den Hausschuhen weg. Pardauz. Die haben vor lauter selbst angebauter Petersilie in den Ohren den Knall nicht gehört. Aber schlimmer drauf waren die bockigen Kunden, die aus Wut über ein paar Notjahre Fastrealpolitik dem Saarlandnapoleon Lafontaine samt seiner Rotte irrealsozialistischer Tagträumer ihre mit Recht verstummte Stimme vergaben. Das diese besser außerparlamentarische Ostalgikervereinigung – selbstverständlich unter „westlicher“ Führung – in der Beutedeutschen Landsmannschaft noch immer trefflich punkten kann, war abzusehen: sie lieben uns alle. Wie das Merkel. Das werden wir so schnell nicht wieder los. In Memoriam H. Kohl. Volkes Wille? Offenbar Seichtes aus dem Saumagen eines harmoniesüchtigen Politikmissverständnisses. Aus Merkels Mund klingt das Nichtssagende so herzerfrischend mütterlich, besonders, seit – Udo Waltz sei Dank – Haare auf den Zähnen stilistisch Trends zu setzen vermögen.

Ach Gott, ja. Da wären ja noch die Grünen. Fast vergessen. Die Grauen Panther der Ökopaxen. Nein, das ist nichts für die Ohren, das ist was für die Seele. Die gute Seele. Aus einer längst vergangenen Epoche, in der Minister noch Turnschuhe trugen, auch mal Steine warfen und noch so etwas wie eine Biographie hatten. Lange her. Und Mama Künast forderte gleich nach der Wahl dann auch forsch mal eben das endgültige Abschalten aller AKWs, also aller Atomkraftwerke – ja, auch die sind noch übrig geblieben aus dieser Zeit – und zwar sofort. Nostalgie auch hier. Ruhet sanft. Radieschen sind auch von unten schön. Und sooo öko. Immerhin.

Noch wen vergessen? Braun? Der rechte Rand? Wozu über Leute berichten, die unter ihre eigenen Euthanasieträume fallen? Um die zu wählen, muss man sich schon zu Honnies Zeiten durch übermäßigen Genuss hochprozentiger Versaftungsbeilagen mental entkernt haben, beidseitig des antiimperialistischen Schmutzwalls übrigens. Dass man mit einem IQ knapp oberhalb einer Toastbrotscheibe überhaupt wählen oder gar gewählt werden darf… Hat irgendwie fast das Niveau eines Sprengstoffgürtels – aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Deutschland hat also gewählt. Was denn nur? Den leisen Stillstand. Wird aber nicht klappen. Schon mal versucht, bei Glatteis ohne Profil auf leichter Abwärtsneigung stehen zu bleiben? Nein? Wenn uns in der kommenden sozialen Kälte das Blut in den Adern gefriert, ist die Zeit reif für den Selbstversuch…

Na klar, ich habe gewählt. Ist einfach nicht mein Ding, im Restaurant mit der Schulter zu zucken und dann zu maulen, wenn’s Essen auf den Tisch kommt. Ich habe SPD gewählt. Weil ich weiß, dass Demokratie manchmal richtig weh tun muss. Schmerzbefreit sind nur die Anderen…

Aber immerhin. Wir hatten die Wahl.