Buchstaben kribbeln in meinen Fingerspitzen und möchten raus. Sollen sie doch. Jeder Mensch braucht etwas Zeit für sich, Zeit, den Kopf auszuschalten, Hirnentschlackung sozusagen. Kopf zu, tippseln lassen. Geht leider noch nicht im Liegen. Die anderen acht Finger mögen tun solange, was sie für richtig halten, zumindest aber schweigen. Ich könnte derweil ein wenig fernsehen vielleicht, ein Buch nehmen – dann wackelt allerdings der Tisch – oder einfach nur auf einen Punkt schauen. Einen gedachten Punkt. Oder in den Spiegel. Und dann die Seiten mit der Nase umblättern. Blöde Idee. Neulich erst habe ich mir so lange über ähnliche Nichtigkeiten den Kopf zerbrochen, bis die Finger fertig waren und was spielen wollten. Mäuseschubser, die. Ein Joystick kommt mir nicht ins Haus, dann bekomme ich die nie wieder auf die Tasten. Kann ich mir gleich Boxhandschuhe anziehen. Oder draufsetzen.

Andererseits wirkt Kaffee anregend.

So ein Zeh führt ein ganz anderes Leben. Mit Tastaturen kann er, können eigentlich alle zehn nicht viel anfangen. Bekommen sie doch mal eine in die Finger, bleibt für diese nicht mehr viel übrig. Beim Versuch des Affengriffs ist da ein Malheur passiert. Die konnten mit ihren Zehen wenigstens noch richtig greifen, die Affen. Seit dem der Mensch im Jahre 20 nach der Wiedervereinigung keine zwei Bananen mehr gleichzeitig mehr pellen muss, ist das auch nicht nötig. Evolution ist praktisch. Wir Menschen entwickeln uns ständig weiter. Gerade das Sprachvermögen. Berlin ist da besonders weit. In vielen Schulen sprechen da Kinder ganz viele Sprachen. Schon in der Grundschule. Deutsch wird nicht mehr so oft gesprochen. Evolution eben. Darum werden kleine, handliche Teppiche immer billiger und Schuhe stehen schon vor den Wohnungen. Ich kenne das nur von Nikolaus. Aber der ist jetzt zum Glück verboten. Nicht schlimm, Weihnachtsbäume waren mir immer schon verhasst und Ritter Sport Knoblauch-Nuss ist nicht nur nach dem Ramadan lecker. Und nun dass: die bauen jetzt mitten in Kreuzberg eine Kirche! Mitten in Kreuzberg!

Tee hat aber den Vorteil, auch zwei Mal aufgebrüht noch zu schmecken.

Buchstaben kribbeln? Tun sie nicht. Sie können in Suppen schwimmen, können vor den Augen tanzen, lassen sich zu Salat verarbeiten, zu Worten formen, man kann mit ihnen jonglieren, mit den ersten Drei des so genannten Alphabets schießen, sie sind wiederverwertbar, können einen Sinn ergeben, fett, kursiv, durchgestrichen, unterstrichen, kalligraphiert, hingeschmiert, gemalt, geschrieben, gemeißelt können sie sein, groß, klein, in allen Farben auf fast allen Hintergründen können sie stehen, Abkürzungen oder Worte ergeben, sie lassen sich zusammen setzen, kurz, es lässt sich so einiges mit ihnen anstellen. Mit Fingern geht vieles davon nicht. Sind Buchstaben also Fingern überlegen? Nein, eher Zehen. Ja, Zehen sind Buchstaben überlegen. Aber Finger? Hallo? Die Goldbergvariationen von Buchstaben eingespielt, auch Picasso hat ja nicht von ungefähr ganz andere Farben gewählt? Überhaupt, Feinmotorik, Kunst, Architektur, Musik, Nasepopeln mein Gott, Thesaurus bietet mir hier Anzupöbeln an -, Sport, ohne Finger undenkbar. Wie Buchstaben. Ohne Finger? Buchstaben? Das ist doch albern. Zehen können mit Buchstaben nicht viel anfangen, Buchstaben aber können Zehen beschreiben – wenn die Finger mitspielen. Überhaupt, Zehen sind von Fingern total abhängig, genau wie Buchstaben. Schon mal jemandem einen Mittelzeh gezeigt? Mit einem Zeh in der Nase gebohrt? Oder Fingernägel geschnitten? Also. Damit wäre die Rangfolge ein für alle Mal geklärt: Finger auf Platz eins. Platz zwei weiterhin unklar. Ein Buch ohne Staben ist wie ein Flip-Flop ohne Zeh.

Auf die Gefahr hin, abzuschweifen: Milch passt in Tee und Kaffee.

Während es auf Höhe Körpermitte fröhlich tippselt, habe ich mir mal Gedanken gemacht. Warum gibt es auf einer Plattform wie single.de Menschen, die einen Partner, eine Partnerin suchen? Ausgerechnet da: die sucht nicht, der ist vergeben, kein Interesse, kein Sex, keine Partnerschaft, zu dumm zum zum, 0900 – normal. Da nehme ich doch mal mich. Jens ist zwar offenbar nicht mehr da oder unter anderem Namen oder ein Spambot oder in der Politik, aber es gibt so viele lustige Grenzdebile, so herrlich zerebral Entkernte, wundervoll sich selbst allen Ernstes ernst nehmende, zu kurz, zu früh oder zu spät gekommene, jede Menge Pseudos aller Couleur, Wanderprediger, Edelfedern, herrlich perverse, aufgeregte, hinterlegte, auferstandene, untergegangene, sich ereifernde, bedürftige, dürftige, geniale, aparte, laute und noch lautere Typen, Originale, Doppelgänger, Fakes, kurz, das ganze Spektrum der virtuell Gefangenen einer Breitbandparallelität, die mit Fug und Recht und Monitor der verkeimten Restrealität durch puren Entzug die Gefolgschaft verweigern. Und niemand ist’s gewesen, was auch immer. Wozu also da noch Partner suchen? Die einem abhalten vom *lol* und *grins* und den anderen echten Gefühlen? Ich bin schließlich, was ich von mir aus mir über mich schreibe und Satzzeichen nicht kenne und richtige Buchstabenreihenfolgen weil dass doch gar nicht nötig ist und den schreipflus lämt un di gedanken hämmt und mich einengt und alle verstehen mich sowieso nicht und ich bin aber doch lieb und nett und schenke blumen und schlage keine frau nich und BIN DOCH SO LIEB.

Zucker darf auch rein. Rundet den Geschmack ab. Ein Löffelchen bitte.

Der Hund schnarcht. Dem ist das egal. Buchstaben kann er nicht, Finger hat er keine, Zehen eigentlich auch nicht und seine Krallen hat er noch nie selbst geschnitten. Aber er denkt ja auch nicht nach. Weil er keine Finger hat, die diese kribbelnden Buchstaben – was für ein himmelschreiender Blödsinn, aber ich fange davon besser nicht noch einmal an, sonst lande ich in einem Loop und der Wahnsinn stoppt NIE – in irgend eine Tastatur hauen wollen müssen. Da hat der Kopf einfach keine Zeit zum Abschalten. Also schnarcht er. Der Hund. Den Fischen ist das egal, die trinken weder Tee noch Kaffee noch Milch. Und Zucker?

Mögen Fische eigentlich Zucker?

Draussen steht einer. Weisse Jacke? Für mich?