Irgendwann zwischen 23 Uhr und Mitternacht klopfte der Wahnsinn zaghaft an die Tür.
„Hör mal, was heißt hier: keine Zukunft? ich bin gut drauf, habe wirklich Ahnung von dem, was ich tue, bin ein hoffnungsfroher Texter mit Ideen und …“
„Und bist 52!“
Treffer. Positive Phase im Ansatz erstickt.
Schreiben zu wollen ohne das schützende Netz einer Rechtschreibprüfung, vorausgesetzt, man kann, ist gewagt. Dennoch, nichts geht über das sinnliche Vergnügen, Texte manuell mit edlem Schreibgerät auf haptisch anregendes Papier zu bringen. Soll doch der Lektor sehen, wie er sich durch Inhalte und Stimmungen fräst, die Leser werden die Direktheit und Spontanität zu schätzen wissen. Keine Änderung bleibt verborgen, formatiert vom Fachmann, Authentizität ist das Zauberwort. Schreiben zurückgeführt auf seine Wurzeln, alle großartigen Werke der Weltliteratur wurden schließlich ohne Computer zu Papier, sehr richtig, zu Papier gebracht, die älteren zumindest. Also Computer.
„Das kannst du nicht machen. Völlig idiotisch, wie kannst du deine Hauptfigur Michael nennen, mit Einzelheiten aus deinem Leben versehen und auch Freunde von dir beschreiben? Du bist doch kein Schriftsteller, der einen Roman…“
„Was heißt, kein Schriftsteller? Meinst du etwa, ich sitze hier an meiner Autobiographie, schreibe meine Memoiren oder so…“
„Sieht doch fast so aus, oder?“
„Klar, mein Engel. Deutscher Gründer, jung, dynamisch, erfolglos, stellt auf der Buchmesse seine mit Spannung erwarteten Erinnerungen vor. So ein Blödsinn. Wer will denn so was lesen?“
„Wer, meinst du, wird einen Roman von dir lesen?“
„Ich danke für dein Vertrauen. Auch Arthur Miller hat mal seinen ersten Roman geschrieben, auch Hemingway, Proust, sogar Grass fing irgendwann mit schreiben an. Also!“
Bitte, Weib, sag jetzt nichts.
„Die hatten aber auch ein außergewöhnliches Talent…“
Danke.
„Sag mal, hast du nichts anderes zu tun, als Zeit in ein Projekt zu stecken, das wie so viele andere Schnapsideen auch wieder im Sande verläuft?“
Schwierige Entscheidung. Türen knallen? Ihr selbst mangelnde Kreativität vorwerfen?
„Lass mich doch in Ruhe. Wirst schon sehen. Wenn es was wird, möchtest du dich aber schon in meinem Ruhm sonnen, oder?“
Von wegen brillante Entgegnung. Geordneter Rückzug an die Tastatur. Später geordneter Rückzug aus diesem Leben, angeordnet. Mann wohnt möbliert jetzt.
„Noch einen!“
„Es geht mich ja nichts an – reicht es nicht langsam?“
„Bitte – noch einen!“
„Deine Sache…“
„Ich könnt mir alles, was fließt, einfüllen, ehrlich.“
„So schlimm?“
„Schlimmer!“
Mal wohlfühlen, er hat es sich verdient. Ein Platz im Café, koffeinhaltiges Heißgetränk und den gewissen Blick für das Wesentliche. Und? Ein Platz mit Bodennebel und Restsauerstoff, Spezi im Glas und die zynische Über-Sicht des Genervten.
Oups, ein Dreitagebart in Schwarz, lässig. Warum? Nein, das Schwarz geht in Ordnung, nicht jeder kann, möchte geschmacklich Stellung beziehen. Vielmehr Dreitagebart lässt nur zwei Möglichkeiten zu: Kreativer, in Verbindung mit schwarz; ungeschickt, in Verbindung mit Pflaster; angeödet, kann sich nicht mal mehr beim Rasieren ins Gesicht sehen. Zwei Möglichkeiten. Die andere stimmt immer. Und? Dreitagebärte rauchen immer, meist viel, trinken hastig, meist viel, sterben früh, meist nicht früh genug – aber nie aus. Dieser Dreitagebart also durfte sogar im Restaurant sich das Handy ans Ohr klemmen, ungesühnt, lässig, Zigarette im Mundwinkel, Whiskey in der anderen Hand. Ressentiments? Eine ganze Woche, vielleicht zwei, dem Rasieren entsagt und umgestylt. Ein Gesicht wie Mopps mit Kopfräude und blass in schwarz, Nichtraucher, Spezi an Eiswürfel und, Hand aufs Herz, diese babyblauen E-Netzchen passen besser zu Pommes mit Mayo… Ressentiments?
„Ein großes Spezi, bitte.“
„Mit Eis?“
Allein, selbst in schwarz, der besseren Unterscheidung wegen frisch rasiert, Nichtraucher, wenn auch mit E-Netz (seins ist neu, verwechselbar), natürlich kreativ – überhaupt, wie wäre es mit: Dekonstruktion eines Vorurteils durch ständige Wiederholung als Persiflage seiner selbst, oder so? und mit Hut. Auf dem Kopf.
„Was hat der Mann da?“
„Das ist ein Text!“
„Iiiih – mach’s weg…“
Der Mann ist immer noch allein mit sich, dem Buch, dem Spezi und interessierten Blicken in die Runde. Augenflirt vielleicht. Mit wem? Die Blonde da drüben zum Beispiel bräuchte auch zum Basketball keine hohen Absätze, riesige Hände natürlich, wenn die… nicht dran denken.
„Ihr könnt euch ruhig zu dem Herren da auf die Bank setzen, der tut nichts. Der will nur lesen.“
Schade, dachte sich der Mann, der nichts tut – und las weiter. Immer noch mit sich allein samt Lektüre, Getränk und Neugier: Ob ich stolz bin, ein Deutscher zu sein? Klar doch, ich muss. Auswandern kann ich mir nicht leisten. Für woanders habe ich nicht genug Geld. Für hier auch nicht, aber das steht nicht zur Diskussion. Wer zu wenig Nullen hat auf dem Konto ist eine solche, Nullen vor dem Komma natürlich, die echten Nullen des Landes verbergen sich dahinter vor den neugierigen Blicken. Zu Zeiten eines Gröfaz brauchte ein Volk angeblich Raum, heute genügt Hubraum zur Definition persönlicher Freiheit. Die nehme ich mir, sagte der Pole – und nahm mir meine. Ist das Auto weg, fehlt auch die Selbstdefinition, ich fahre – also bin ich, und sei es nur aus der Haut. Die haben mir andere schon lange zu Markte getragen.
Eine gewisse Sepsis in der Skepsis.
Freiheit und System: Diktatur des Proletariats verwöhnte den fantasiebegabten Ossi mit Trabant und Gemisch, Fahrer und, sagen wir mal – Auto, mit deutlicher Fahne, beide aus dem gleichen Holz geschnitzt. Spröde und kannste knicken, in Duroplast gepresste Persönlichkeiten von herb-rustikalem Charme.
Jetzt, wo jede Einkaufstasche mit Stützrädern schon sechs Airbags hat und bei Tempo 200 (jetzt dann aber doch hoch schalten) noch lange nicht schlappmacht, wird es schwer mit der Unterscheidbarkeit. Die Einführung günstiger Kredite weit unterhalb der Schmerzgrenze der Wohltätigkeit deutscher Kreditinstitute in Verbindung mit Leasing ergeben pure Statusanarchie, Umsturz der Werte.
Mit scharfer Rede und spitzer Feder mühelos eine Meute Lese- und Rechtschreib-Schwächlinge in Schach gehalten. Mit Genuss kleine Spitzen abgeschossen auf die Sprachlosen, jede Menge leere Worthülsen klirren zu Boden, während Salve auf Salve geschliffener Floskeln ihre Ziele fanden.
Nichts zu sagen zu haben in einer Zeit ungezügelter Geschwätzigkeit – normal, zuhören tut niemand, wenn, dann ohne Möglichkeit des Verstehens. Die größten Schwätzer haben am wenigsten zu sagen. Aber zu fahren.
Deswegen handelt die ganze verworrene Geschichte von Helden. Menschen, die sich dem Leben stellen ohne Aussicht auf Sieg, gegen wen oder was auch immer. Keine Helden sind Politiker, Rechtsanwälte, Kaninchenzüchter und Trinker. Die kommen auch nicht vor. Die Hauptperson ist natürlich auch Held. Hauptpersonen sind immer Helden. Weil viel von den Autoren drin steckt. Im Kabarett eher weniger. Warum tun die das dann? Ich meine, warum Witze und Spott über Politiker und Politik? Politik findet einfach nicht statt und ich frage mich, wer diese Leute eigentlich sind, die da in diesem sogenannten Bundestag lustlos vor sich hin diskutieren. Oder in den Bundesländern. In Städten, Gemeinden und Bezirken. Hohn und Spott vielleicht über Wähler, die Verantwortlichen für diesen Schlamassel?
Es könnte ja sein, das irgendwann einmal, erleben möchte ich das allerdings nicht, Zeiten kommen, in denen Entscheidungen gefragt sind. Am Ende gar einschneidende Entscheidungen – nicht auszudenken. Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe Probleme. Es würde an Geld fehlen. Nix da für Alte, polierte Platte für Kranke, alles futsch für Kinder und Erziehung, gähnende Leere für Bundeswehr und Bahn. Tote Hose auf allen Kanälen. Eine Regierung müsste nun sparen. Sparen ist, wenn man statt viel zu viel nur noch zu viel ausgeben darf. Das ist bitter. Sparen heißt nun, Gelder, die dem Staat nicht gehören, weniger reichlich an Menschen zu verteilen, die eigentlich keinen Anspruch darauf haben. Da diese Beschreibung zwar den Kern trifft, aber etwas sperrig ist, gibt es natürlich auch ein Fachwort dafür: Subventionen.
Sollten Sie in der glücklichen Lage sein, einen kleinen Teil eines Airbus erwerben zu können, vielleicht die Bordtoilette, oder ein Stück Containerschiff, Größenordnung sagen wir mal – ein halbes Ruderblatt, bekommen Sie Steuern zurück. Als Schmerzensgeld sozusagen. Wer kann mit einer Bordtoilette schon etwas anfangen, geschweige denn mit einem halben Ruderblatt. Oder mit der Wette auf den Ausgang einer Wette, die auf den Ausgang einer Wette wettet. Hand aufs Herz: Wer Geld übrig hat für so einen Blödsinn, der gehört bestraft und nicht getröstet!
Oder nehmen wir die Bauern. Es gibt viel zu viele Rindviecher unter ihnen – ich meine, im Stall. Dadurch sinkt natürlich der Preis. Damit die armen Bauern nicht wieder Heizöl in ihre Mercedes schütten müssen, garantiert die EU Mindestpreise. Toll. Da kann der Bauer noch viel mehr Rindviecher kaufen. Dank deren Kollegen in Bonn und Brüssel und anderswo. Yeah! Während in grauer Vorzeit die Produktion von knappen Gütern mit Wohlstand belohnt wurde, ist es heute halt umgekehrt. Machen Sie das mal reibungsfrei einem Unternehmer klar…
Aber wen interessiert das, wer kann darüber lachen? Wie kann der abgehärtete Deutsche noch getroffen werden? Eine Art Publikumsbeschimpfung à la Handke, Aufguss zwo? Was kann ein Volk noch treffen, das die Hosen in Talkshows runterlässt, als würde statt Schimpf und hohnlachende Schande Ruhm und Ehre warten? Ich sage nur ein Wort: AUTO!
Ich fahre übrigens Mercedes.
Also, noch vor fünf Jahren wäre jetzt ein riesen Lacher fällig geworden: Texter fährt Mercedes, ich bitte Sie. Mit Hut am Klavier und die Klorolle mit auf dem Hocker. Ich meine, heute fährt sogar unsere Kandisbunzlerin (?) Audi. Obwohl…
Also, vielleicht hat zumindest Schröders Gerhard den Imagewechsel in Ingolstadt verdaddelt. Das des Kanzlers Karosse ein Dienstgefährt von König Piëchs Gnaden sei, halte ich aber dann doch für ein Gerücht. Piëch? Kennen Sie nicht? Hungerhaken an der Spitze von VW mit der Anmutung eines Gänsegeiers. Ein verdienstvoller Mann übrigens: Ehrenmitglied der PDS auf Lebenszeit für die revolutionäre Erkenntnis, dass ein Bentley eigentlich doch ein Volkswagen ist…
Da passt dann auch die No-Name-Marke Bugatti ins Bild, die ihre Existenzberechtigung der Profilneurose von Big Daddy P. verdankt. Mal ehrlich, die Generation, die jemals einen Bugatti, einen echten Bugatti, auf der Straße gesehen hat, verzehrt auf Kosten ihrer Kinder das Gnadenbrot eines automobilistischen Langzeitgedächtnisses. Ich hätte da einen Vorschlag:
Seat kauft die Marke Hispano Suiza (so etwas gab es tatsächlich), spendieren ihm einen Motor mit vierzehn Zylinder – zwar mehr als BMW und DaimlerChrysler, aber noch genug Abstand zum Bugatti. Ach Piëch, Du machst das schon. Ideen für Skoda hätte ich auch…
Im Ernst, Schäuble (das ist schwäbisch und heißt ‚Schäubchen‘) fällt als Repräsentant für Deutschautoland nun wirklich aus. Auf Fahrradreifen mit Greifhandantrieb und fünf Stundenkilometer Spitze durch die Republik! Da kann er ja gleich laufen. Es heißt schließlich nicht: Mit gutem Beispiel voranrollen…
Kommen Sie mir doch nicht mit gutem Geschmack: wer bitte schützt uns denn vor dem Geschmack der Politiksimulanten? Oder mich vor Ihrem?
Natürlich sind nicht alle Automobilisten von schlechtem Geschmack. Bin ja selber einer. Hätte Gott gewollt, das der Mensch läuft, hätte er ihm Beine gegeben und keine Autos, zum Teufel. Gottgewollt ist also die Macht des Autos über uns Menschlinge. Wir definieren uns über Autos. Zeige mir deine Karre und ich sage dir, wer du bist. Ich fahre übrigens tatsächlich Mercedes. 190E W201. Baujahr 1985. Hätten Sie’s gewusst? – Danke, ich hätte nicht fragen sollen. Aber nehmen wir doch mal den Golf 1-5. Doch, sogar der sagt was aus: „Seht her. Ich habe gar keinen eigenen Geschmack. So fürchtet euch nicht, denn auch ich heule mit den Wölfen, habe ein System beim Pizza essen und schreibe Delfin schon seit einem Jahr mit F. Golf in schwarz? Ich bin geschmacklos und kreativ!
Das passt nicht zusammen, meinen Sie?
Schon mal irgendwo auf Deutsche Werbung gestoßen? Was? Die gefällt Ihnen? Golf schwarz, stimmt’s?
Schade, zwei Blonde – ein Nest, bitte jetzt keine Witze an dieser Stelle – Spargrazien wichen ebenfalls vor dem Text – keine Witze! – und nahmen am Tresen Platz, im Wortsinne: sie nahmen diesen Platz in Besitz, okkupierten ihr Terrain mit Rundumsicht. Seiten blätterten langsamer, abschweifende Blicke nahmen zu, erst recht, als der Pullover fiel. Blond Eins, nein, das war Michaels Jordans Alptraum, Zwei zeigt Schulter, keine Kalte, weißes Top mit Spaghetti-Trägern im November, strahlend weiße Zähne, Ferrari-rote Fingernägel und ein unglaubliches Gefälle: drei ‚Umsteiger‘ – Whiskey mit Cola ein zu eins sollte eher Absteiger heißen – und Biere, begleitet von einer Brigade Zigaretten. Blond Drei tat mit. Sehr zur gegenseitigen Belustigung. Auch zu der der Wirtin.
„Du hast wohl das Flirten völlig verlernt, was?“
Anteilnahme wärmt.
„Geh doch mal ran, Mensch!“
Gute Ratschläge auch. Der Mann grinste etwas gequält und stieg um. Zu Kaffe zum Buch zum Blick zum Allein sein. Blicke trafen sich. Auch öfter. Ein Schokoriegel zu Kaffe zum Buch zu den Blicken wäre gut, Selbstabholer, auf dem Weg zum Genuss an den Spaghettiträgern vorbei, mit ergänzter Energie auf dem Rückweg die Trägerträgerin ansprechen dann. Von wegen der tut nichts! Der tut sehr wohl wenn er will, und er kann. Auch wieder mit ohne an seinen Platz gehen.
Liebe Freunde der Nacht: Es gibt blonde Frauen, auch drei, auch lange, wie wir wissen, ebenso solche mit Gefälle in der Kehle, auch birnenförmige. Die Spaghettiträgerin fing oben ganz harmlos an, wenn man von diesem verführerisch rotgesäumten 30.000-Mark-Lächeln unter dunklen Funkelaugen absieht, aber dann – den Kopf stelle man sich als Birnenstiel vor, der Beginn dieses Früchtchens wird von besagten Trägern in Zaum gehalten, das Kerngehäuse hingegen wird unter viel Fruchtfleisch vor behüteten Maden verborgen.
Noch ein Kaffee. Und man sollte dem Flirt nicht zu viel Gewicht beimessen…
Auch blond, Schnauzbart – keine Ahnung, warum es die immer noch gibt -, bodenständig ländlich-sittlich, dabei fränkisch, frisch, wenig fromm, viel fröhlich: das Abendprogramm zum Abtauchen in bürgerliche Musikwelten. Die Alternative. Check it out!
Später dann: der Mann in froher Erwartung vor seinem Spiegelbild. In unfroher Ernüchterung der Eklat: mitten im Gesicht thront ein Pickel voll selbstherrlicher Pracht mit prallem gelben Kopf auf hochnotroten Schultern. Schlabberhosen voller Taschen, schwarz – und dazu ein Tee. T-Shirt mit drei Knöpfen, schwarz und dann noch ein Tee. Grobe Socken, wärmend dick – wieder gibt es Tee. Hohe Schuhe, tanzbequem – sagt jetzt nee – zum Tee. Edler Hut auf dünnem Haar – diesmal gibt’s Kaffee. Lederjacke mit Patina. Auf Wiedersehen in einer anderen Welt.
Hut und Lederjacke schaffen Distanz, Image, Schutz und neugierige Blicke. Den Hauch des Besonderen, des Nonkonformisten und Existenzialisten, des Spinners je nach Sichtweise, Toleranzschwelle und Fantasie. So dann auch Ankunft in dieser gutbürgerlichen Diskothek: ein Kompromiss zwo drei für den Gutbürger aus dem Frankenland. Wenn Las Vegas in Wilmersdorf, dann mit Garderobe für die Robe. Als Schildkröte ohne Panzer, Hut und Jacke in des Abteilungsleiters Tanzpalast. Finanzamt und BfA waren auch noch da, Russen in Wilmersdorf wie die Türken in Kreuzberg, mit 45mm Rosenkranz, bleischwer -, blondierten Dumm-Dumm-Geschossen aus Berlins bewältigter Vergangenheit samt Umland, ein paar Restbeständen anderer noch unbegatteter, nun ja, Damen, welche Echten ihre Erwähnung in diesem Zusammenhang verzeihen mögen, Männer, deren fehlfarbene Sakkos noch schlechter saßen als ihr Selbstverständnis, Tanzkursbewältigte aller Couleur, kurzum, ein Panoptikum bodenständigen Mittelmaßes.
Weltniveau die Preise, Cola geht auch ohne Kohlensäure bei Verzehrzwang, was nicht heißt, das alkoholfreies Flaschenbier mit einem bisschen guten Willen nicht auch einen virtuellen Kater zeugen kann. Dennoch: Flucht. Besser gelangweilt in Zehlendorf als entsetzt in Wilmersauchdorf.
In Ausübung seiner Pflicht wurde am nächsten Morgen der Pickel P. bei der allmorgendlichen Stoppelrallye vom Lenker eines Dreischneiden-Hochleistungsrasierer nass, versteht sich – , erst übersehen, dann überfahren. Blut floss reichlich, für Pickel P. kam jede Hilfe zu spät. Der sportive Pilot setzte seine flotte Fahrt unbeeindruckt fort. Pickel P. beendete seine irdische Existenz in einem dünner und heller werdenden Rinnsal, um sich schlussendlich ein Schorfenes Denkmal zu setzen. Vorübergehend.
Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Es hätte nicht so kommen müssen. Nicht so.
„Auf Wiedersehen und einen schönen Tag auch!“
Nein, der Gegenüber keinen Mund an den Kopf gedrückt, wieder nicht, warum auch heute, es ging die letzten zwölf Monate schließlich ohne. Der Mund bleibt mitten im eigenen Gesicht. Hände in den Taschen. Gedanken im Kopf. Besser für alle.
„Vergiss die Pflanzen nicht!“
„Nie nicht!“
Nein, warum auch heute. Nur eine geschlossene Tür ist zu.
Die Sexualität leichten Herzens zu Grabe getragen, gleich neben den Hoffnungen, was bleibt sind die Träume eines Kindes mit der Traurigkeit der Hinterbliebenen. Auf dem Grab blüht Fantasie. Vertraut weil angetraut, trau‘ mir – trau, schau, wen mit wem – Trennung zu.
Und sonst?
Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Dafür Kopfkino. Alternativ.