Es geschehen Zeichen und Wunder. Nur nicht bei mir. Heiner Müller ist immer noch tot, am Huang Ho blüht mal wieder der Sumpfreis und ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Doch ein Wunder? Ich meine, warum kommen ohne Not heute über 50 Besucher auf meine Seite? Hallo? Das Ding ist seit zwei Wochen online. Davor war der virtuelle Server zu Hause. Testen, testen, testen. Das erste Projekt mit WordPress, alles neu. Und unermüdlich Texte tippseln. Ohne Inhalt nix los, klar. Und gebastelt wird immer noch, das wird auch so bleiben.

Würde ich in einen Blog steigen, um zu lesen? Nein. Wirklich. Ich meine, ich komme gar nicht dazu vor lauter Schreiben. Wenn ich käme, nähme ich mir ein gutes Buch. Der Papiergeruch, das Rascheln der Seiten, auf mein Sofa gelümmelt, eine Tasse Tee, zwei, drei, lecker Kekse, Kerzenlicht, eine kleine Lampe auf den Text, das ist für mich lesen, Lesegenuss. Wenn ich auf einen schicken Text im Internet stoße, möchte ich bestellen, kaufen, genüsslich lesen, in’s Regal stellen. Einband natürlich. Lieber einen Einband als Mängelexemplar aus der Wohltat’schen Buchhandlung als ein Taschenbuch, lieber Zeitung als Tagesschau, lieber den Spiegel als Spiegel Online. Haptik. Olfaktorik. Entspannung. Alle Sinne sind beteiligt. Alles andere ist – sinnlos? Den Sinnen entbettet?

Warum denn dann einen Blog? Ich schreibe – nein, ich poste nicht – aus Spaß an der Freude, aus Spaß an Albernheit, Tiefsinn, aus Klamauk, Melancholie, aus purer Lust am Wortspiel, am Malen mit Worten, an der Jonglage mit Begrifflichkeiten, der Clownerei mit Doppeldeutigkeiten, kurz, aus Freude an der Sprache an und für sich. Rollenspiel. Charade. Provokation. Hintersinn. Unsinn. Einfach so, wie mir die Finger gewachsen sind.

Der muss zuviel Zeit haben. Sagen manche. Gewählt lässige Ausdrucksweise sagen andere. Komisch. Wie entsteht denn nun so ein Tagebucheintrag, so eine Kurzgeschichte, ein Gedicht, eine Glosse, Wortklamauk? Schaue ich auf meinen weißen Monitor, knabbere dabei meine Fingerkuppen mangels Nägel blutig, laufe ich vielleicht aufgeregt Furchen in den Teppich. Mache ich Notizen, lose Blätter, sammle ich gar Satzbausteine?

Nix dergleichen. Wenn ich Lust habe, etwas zu  schreiben, setze ich mich an die Tastatur, überlege mir eine Überschrift und lege los. Der Rest ergibt sichmüll. Wie jetzt gerade. Irgendwie sollte es etwas ganz anderes weden, wahrscheinlich, aber dann kam es eben so. Und wenn ich meine, dass die Sache rund is, kommt ein Schlusswort, eine kurze Zusammenfassung für die Suchmaschinen, Stichwortliste, Tags, cut’n paste, absenden, fertig. Ist das nicht toll?

Und damit ich erfahren kann, wie meine Besucher so drauf sind, können sie eben kommentieren, kommunizieren und diskutieren. Dann erst ist es etwas, was mich dazu verleiten könnte, im Internet zu lesen. InterAKTIV. Aber bis das hier soweit ist, wird noch ne Menge Wasser die Spree hinunter fließen. Voller Zeichen und Wunder.

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