Soweit kommt es noch: der mir zugeteilte Quotenleser Eberhardt G. aus W. schrieb mir, ich würde am Zeitgeist deutlich vorbeitippseln! Was denkt der Gute, wer er sei? Oder der Zeitgeist? Oder ich? Ein Handkäse ist schließlich kein Kindergeburtstag!

Möge jeder vor der eigenen Tür kehren und den Dreck müllgetrennt einer fachgerechten Entsorgung teilhaftig werden lassen. Die Fantasietüte bleibt – wie immer – leer, Agressionen lassen sich bei Kloppholz stapeln und die eigenen Gedanken passen in den Sondermüll. Hallo? Goethe ist eine Weile her, gelesen wird, was auf den Schirm kommt. Wer heute noch liest, ist in der Regel Winzer, oder, schlimmer noch, ein Intellektueller. Ein Intellektueller. Schon mal gehört? Also.

Keine Angst, ich fühle mich wohl unter Menschen, für die eine Platitüde ein niedriger Absatz, Dieter Bohlen Dieter Bohlen ist und der Bardolino eine Kopfbedeckung. Doch. Ich fühle mich wohl unter – Banausen. Knick, knack. Herr G., warum wohl mache ich mich sonst hier öffentlich zum Horst? Warum ist Horst Schlemmer – der ANDERE Horst – so erfolgreich? Warum rennen Menschen bei scheinbar vollem Bewußtsein zu Mario Bath? Weil sie über ihr Spiegelbild zum Brüllen komisch finden, ohne über sich lachen zu können. Weil sie das überführte ich für den Nachbarn halten, dem es gerade ebenso ergeht. Weil das nichts in Frage stellt. Weil für sie ein Spiegelbild den höchsten Grad der Selbstreflexion darstellt. Weil in jedem mehr Stefan Raab steckt als Hans-Dieter Hüsch, mehr Michelle als Nina Hagen, mehr Heinz Erhard als Wolfgang Neuss, mehr Westerwelle als Brandt, mehr Glätte als Widerstand. Warum meint der Stolz eines Deutschen, Deutscher zu sein etwaas ganz anderes als der Stolz eines Amerikaners, ein Amerikaner zu sein? Warum engen wir uns ein in der Enge eines Staates, statt die unendliche Weite unserer Gedanken zu genießen? Warum essen wir in der Wüste Wiener Schnitzel und Pizza im Harz? Warum wissen wir so verdammt viel über Neid, aber so verdammt wenig über Toleranz? Warum gönnen wir uns alles, anderen aber eher nichts? Wer sind wir? Wer Sie sind, Herr Eberhardt G. aus W., interessiert mich nicht.

Verschlungene Biographien sind spannend, die etikettierten Verlierer rühren mich, Tränen trocknen am besten im Gegenwind. Platitüden? Oder nur ein flacher Absatz? Wie kann ich mir Fragen beantworten, wenn ich sie nicht stelle? Was nutzen mir Antworten auf Fragen, die keiner stellt? Darf lesen weh tun, wenn schon das Schreiben schmerzt?

Lieber Eberhardt G. aus W., Sie sind genaus o eine Kunstfigur wie ich, genau so ein Abbild unserer Gesellschaft, ein Platzhalter für Eigenes, eine Gleichung mit zu wenig Unbekannten, kalkulierbar, unwichtig – und doch für sich selbst genommen ein Solitär. Funkeln allerdings muss ein jeder für sich selbst, um für alle strahlen zu können. Quotenleser? Immerhin.

“Das ist mein Laden!” sagte Mario Bath – und das sein Fernseher zu Hause sexy sei…