Feine Sache, das. Texten meine ich. Für Webseiten, Presse und andere Auftragssituationen. Eigentlich. Oder anders: es war mal eine feine Sache. Als es nicht nur darum ging, eine große Hand voll Keywords, also voll Wörtern, die in Verbindung mit der zu beschreibenden Sache von den zu gewinnenden Zielgruppen in die Suchmaschinen getippselt werden, in den zu schreibenden Texten unterzubringen. Nahezu egal, wie. Dann ist die Seite ganz oben, die Mundwinkel der Besucher ganz unten und die Geldbörse der Texter ganz voll. Oder auch nicht. Letzteres zumindest. Beispiel?

Niemand würde seine Eltern in ein Altenheim abschieben wollen. Niemand. Aber seine Altvorderen in einer betreuten Senioren-Wohnanlage unterzubringen ist etwas ganz anderes. Es ist gut, edel und allgemein akzeptiert. Also muss eine solche Stätte gesucht werden, wozu gibt es denn Internet? Was aber suchen diese vorausschauenden Gutmenschen in die Suchmaschinen ein?
ALTENHEIM!

Liegt in der Statistik bei Google uneinholbar weit vorn. Na fein. Nun weiß natürlich jeder Betreiber einer solch fortschrittlichen Altenverwahranlage nur zu gut, dass die angestrebte Klientel alles für die Erzeuger will – nur eben kein Altenheim. Problem verstanden?

Wenn ich nun sehe, wie viele Texter für sich werben, möchte ich – so gesehen – keiner mehr sein. Da erscheinen im eigenen Blog feine, rundgelutschte Texte, die garantiert keinem weh tun, mehr an einen Oberstufenaufsatz erinnern denn an schriftstellerisches Talent oder gar an eine scharfe Feder, präsentiert mit dem Ziel… Ja, mit welchem Ziel eigentlich? Wer so niedlich schreibt, vergrault mir keine Kunden? Kleinkariert unter zwei Millimeter ergiebt für mich immer noch grau. Sorry.

Nestbeschmutzer? Gerne. Ich texte auf Empfehlung. Wenn ich möchte. Wenn mir das Projekt gefällt. Wenn ich zusammen mit dem Auftraggeber eine Sprache entwickeln kann, die sowohl der Zielgruppe, als auch Produkt und Auftraggeber entspricht – die aber auch mal provozieren darf, überrascht und zum Schmunzeln bringt, immer aber Sprache im positiven Sinne bleibt. Webseitenoptimierung? Gerne. Aber an erster Stelle ist der Text, der neben der Information auch unterhalten muss und dazu einlädt, einzuladen – und zwar Freunde und Bekannte: müsst ihr mal besuchen, sehr nett präsentiert, macht Laune…

Bei geringem Preisunterschied bin ich geneigt, dort das Objekt meiner Begierde zu erwerben, wo ich mich als Kunde wohl fühle, ernst genommen. Und das beginnt absolut beim Text. Wer sich hier Mühe gibt, dem ist der Kunde etwas wert, der möchte sich abheben aus dem Lärm des sozialen Rauschens, der Schlagzeile, der nicht erfüllbaren Versprechungen – der hat seinen Kunden etwas mitzuteilen.

Mit der  perfekten Keywordoptimierung sind wir bereit, das letzte Stückchen Individualismus aufzugeben und stromlinienförmig jedes Alleinstellungsmerkmal – oder sollte ich besser sagen: unique selling point – auf dem Altar der Suchmaschinenhörigkeit zu opfern. Ich setze auf einen tragbaren und tragfähigen Kompromiss: Keywords unterbringen, wo es verantwortbar ist und in unaufdringlichem Rahmen, viel Information, die aber noch Fragen offen lässt für ein direktes Kundengespräch und so ganz nebenbei zu unterhalten versteht. Mundpropaganda und ein Link per Email ist immer noch die effektivste Werbung.
Und ich? Tippsle mich hier frei mit allerlei bösen, albernen und schrägen Schreibereien, einfach so und aus Liebe zur Wortjonglage, ganz so, wie mir die Finger gewachsen sind.

Noch einen schönen dritten Advent. Nachträglich.

?

Ach so. Keywordporno. Tja. Reingefallen…